Bürgerinitiative „Sendemastfreies Züsch – Neuhütten“

Vertreter:         Klaus und Sieglinde Lorscheider                                             Züsch, den 16.01.02

Schulstraße 15

54422 Züsch

 

 

 

 

 

Bischöfliches Generalvikariat

Postfach 1340

 

54203 Trier

 

 

 

 

Betr.:  Mobilfunksendeanlage im Turm der Kirche St. Antonius v. Padua, Züsch

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

 

in Ihrem Schreiben vom 05.12.01 teilten Sie uns mit, dass allein der hiesige Verwaltungsrat über die Errichtung einer Mobilfunksendeanlage im Kirchturm entscheidet.
Wir empfinden, dass die Kirchenleitung hierbei ihrer Gesamtverantwortung gegenüber der Kirchengemeinde nicht gerecht wird, insbesondere da der Beschluss von Ihnen genehmigt wurde und Ihnen hälftig die Miete für die Anlage zugeleitet wird.

 

Nach unseren Informationen wurde der Vertrag bereits im Januar 2001 unterzeichnet.

Erstmalig erfuhr die Bevölkerung hiervon durch einen Artikel im TV vom 08.10.01.

 

Daraufhin wurde die Bürgerinitiative gegründet, die zunächst die Züscher und Neuhüttener Bürger über die geplante Errichtung des Senders informierte und mittels einer Unterschriften­aktion deren Meinung zu dieser Sache feststellte.

 

Die Unterschriftenaktion brachte folgendes Ergebnis:

359 Unterschriften in Züsch (64 % der Berechtigten)
282 Unterschriften in Neuhütten (55 % der Berechtigten)
Unterschrieben haben auch die Bürgermeister und viele Gemeinderats­mitglieder sowie das gesamte Lehrerkollegium der Grundschule Züsch.
Weiterhin stellen sich auch Verbandsgemeinde sowie der Landrat hinter die Forderungen der Bürgerinitiative.

 

Der Bürgerinitiative war und ist es jederzeit ein Anliegen immer offen und fair mit Herrn Pastor Reck und dem Verwaltungsrat umzugehen. Dies beweisen unsere Schriftstücke an das Gremium sowie die Veröffentlichungen in der Presse. Über alle Aktionen wurden sowohl die Kirchen als auch die Gemeinden im vorhinein informiert. Die Argumentation der BI fand stets auf sachlicher Ebene statt, persönliche Angriffe gegen Entscheidungsträger wurden nicht unternommen.

Am 04.01.02 veranstaltete die Bürgerinitiative einen Informationsabend in der Mehrzweckhalle in Züsch. Referent der Veranstaltung war Herr Frank Mehlis, Baubiologe aus Bonn.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Herrn Jörg Pistorius vom Trierischen Volksfreund.

Neben über 100 interessierten Bürgerinnen und Bürgern waren auch die Ortsbürgermeister von Züsch und Neuhütten sowie in Vertretung des Verbandsbürgermeisters, Herr Hülpes, anwesend.

Entschuldigt hatte sich Herr Landrat Dr. Groß, der im Schreiben vom 02.01.02 der BI mitteilt, dass er deren Bedenken grundsätzlich teilt und dass die Standorte für die Errichtung von Mobilfunkanlagen möglichst weit von der Wohnbebauung entfernt sein sollten. Gesprächsrunden unter Beteiligung der Mobilfunkbetreiber, der Ortsgemeinden Züsch/Neuhütten und der Verbandsgemeindeverwaltung Hermeskeil habe er bereits veranlasst.

 

Vom Verwaltungsrat der katholischen Kirche erschienen leider nur Herr Pastor Reck sowie 2 weitere Mitglieder.

 

Der Vortrag des Herrn Mehlis war sehr informativ und sachlich und wurde vom Auditorium und der anwesenden Presse entsprechend aufgenommen.

 

In der Veranstaltung meldete sich auch Herr Pastor Reck zu Wort und zitierte aus Ihrem Schreiben an die Bürgerinitiative sowie dem u.g. Amtsblatt, wobei er folgenden Passus ausließ.

 

In Ihrem Amtsblatt vom 01.08.01, Nr. 153 haben sie in Ziffer 1 selbst darauf hingewiesen, dass es keinen schlüssigen Negativbeweis gibt, der gesundheitliche Beeinträchtigungen ausschließt und dass in Tierversuchen neuronale Reaktionen auftraten, wobei unklar ist, ob diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind.

 

Dass die geplante Anlage die "Schweizer Grenzwerte“ unterschreitet ist für uns absolut keine Beruhigung, da es andere Staaten gibt, die diese Werte nochmals um ein vielfaches geringer ansetzen. Viele Wissenschaftler warnen vor den viel zu hohen Grenzwerten, die lediglich die thermischen Effekte bei Mensch und Tier berücksichtigen.

 

Auch aus der ECOLOG-Studie verlas er, offensichtlich bewusst, nicht die letzte Seite, worauf er im Anschluss durch Herrn Mehlis hingewiesen wurde.

 

Den Vertretern der Bürgerinitiative, die er namentlich mehrfach nannte, warf er vor, Ängste zu schüren und Panik zu verbreiten.

 

Unsere Meinung hierzu ist, dass die Weitergabe von Informationen und die Warnung vor potentiellen Gefahren in ruhiger und sachlicher Form nicht als „Panikmache“ abgestempelt werden darf.
Es ist auch nicht recht, das Urteilsvermögen und Rechtsempfinden von mündigen Bürgerinnen und Bürgern einfach so in Frage zu stellen.

 

Herr Pastor Reck stellte weiterhin offen dar, dass es auch schon früher Krankheiten wie Schlafstörungen und Leukämie gegeben hätte und dass für den Fall, wenn dennoch Gesundheitsschäden auftreten würden, der Sender demontiert würde. Dies wäre vertraglich abgesichert, denn man habe einen "guten Vertrag“ mit der Firma Mannesmann abgeschlossen.

Rechtlich mag der Vertrag wohl seitens der Kirche gut formuliert sein, denn er räumt der Kirche das Recht auf Kündigung ein. Die Verantwortung liegt beim Betreiber. Von etwaigen Schadensersatzforderungen wäre die Kirche damit entbunden.
Die Absicherung der Kirche ist somit durch diesen Vertrag bestens gewährleistet.

 

Wenn der Sender errichtet wird, liegt das Risiko einzig und allein bei der Züscher und Neuhüttener Bevölkerung. Denn wenn sich in 5 oder 10 Jahren möglicherweise herausstellt, dass Menschen an der Strahlung erkranken oder bereits erkrankt sind, ist es bereits zu spät. Dann können und werden die Kirchen von ihren Verträgen zurücktreten, aber die Gesundheit können sie keinem zurückgeben. Und meist sind es die Schwachen (Kinder, alte Menschen und Kranke), die es als erste trifft.

 

Gegen Ende der Diskussion warf Herr Pastor Reck nochmals ins Feld, dass der Kirche eine schöne Miete entgehen würde und ob denn jeder, der unterschrieben hätte, bereit wäre, Geld hierfür abzugeben.

 

Das Publikum war größtenteils sehr empört über die oben genannten und noch andere Äußerungen des Herrn Pastor Reck.

 

Als Fazit der Veranstaltung wurde von der Verbandsgemeinde, im Einvernehmen mit den Bürgermeistern als auch dem Landrat (o. g. Schreiben), Unterstützung bei der Vertragskündigung und der Suche nach einem alternativen Standort, weit außerhalb von bewohntem Gebiet, zugesagt.

Ob Herr Pastor Reck von diesem Angebot Gebrauch macht und zu Gesprächen bereit ist, kam in der Veranstaltung nicht zum Ausdruck.

 

Einer Errichtung des Senders im Kirchturm widerspricht auch die Vereinbarung, die die Firmen im vergangenen Jahr mit den kommunalen Spitzenverbänden getroffen haben, die Kommunen mit in die Standortwahl einzubeziehen.
Zudem muss sich der Betreiber die Genehmigung für eine bauliche Nutzungsänderung beim Landkreis einholen.

Dies sind weitere Fakten, die Herrn Pastor Reck einen leichteren Ausstieg aus dem Vertrag ermöglichen können.

 

Wir wollen nochmals klarstellen:

Mit diesem Schreiben wollen wir weder den Pastor oder das Gremium Verwaltungsrat diffamieren.

Wir werden auch seitens der Bürgerinitiative, im Sinne des pastoralen Friedens, so lange wie möglich Herrn Pastor Reck und den Verwaltungsrat aus dem Kreuzfeuer der Öffentlichkeit heraushalten.

 

Auf der Veranstaltung gab Herr Pastor Reck weiterhin den in nicht öffentlicher Sitzung gefassten Beschluss des Pfarrgemeinderates vom 14.12.01 bekannt, worin der Pfarrgemeinderat gegenüber dem Verwaltungsrat die Empfehlung aussprach, im Sinne des pastoralen Friedens in der Gemeinde, sich mit der Betreiberfirma in Verbindung zu setzen und vom Vertrag zurückzutreten.

 

Am 15.01.02 baten die BI-Vertreter telefonisch um einen Gesprächstermin mit Herrn Pastor Reck. Diesen lehnte Herr Reck ab und teilte mit, dass man der Empfehlung des Pfarrgemeinderates nachkommen werde, sofern keine Konventionalstrafe drohe.

Dies würde im Umkehrschluss bedeuten, dass, sofern man Strafe zahlen muss, die Installation des Senders zugelassen wird.

Im übrigen wies Herr Reck bereits in der Informationsveranstaltung am 04.01.02 auf Geldforderungen der Firma Mannesmann/Vodafone in Höhe von "30.000,- DM“ hin.

 

Der Bürgerinitiative wurde vergangene Woche eine Information zugetragen, wonach man erst einmal einige Zeit verstreichen lassen wolle, um dann den Sender später ohne großes Aufsehen installieren zu lassen.

Wenn dieses Gespräch der Wahrheit entspricht und sich unsere Kirchengremien wirklich so verhalten sollten, stellt sich uns die Frage, ob dieses noch mit aufrichtigem und christlichem Handeln vereinbar ist.

 

Insgesamt schadet dieses Verhalten nicht nur stark dem Ansehen der Kirche, sondern es bringt große Unruhe in unsere Gemeinde, was den pastoralen Frieden in erheblichem Maße stört.
Viele der hier lebenden Menschen verlieren dadurch das Vertrauen in die Vertreter der Kirche. Als praktizierende Christen können wir für die Vorgehensweise der Kirche in dieser Sache keinerlei Verständnis aufbringen.

 

Nach unseren Befragungen steht der Verwaltungsrat nicht mehr geschlossen hinter dem damaligen Beschluss.

Offensichtlich findet keine Sitzung mehr statt, um nochmals hierüber zu befinden. Dies würde der o. g. Aussage entsprechen, zunächst einmal Zeit zu gewinnen.

 

Die evangelische Kirche, auf deren Gelände in unmittelbarer Dorfnähe ebenfalls eine Mobilfunksendeanlage (E-Plus) steht, zeigt sich in der Sache viel kooperativer. Das Presbyterium teilt die Gesundheitsbedenken der Bürgerinnen und Bürger und hat in einer Sitzung beschlossen, in Zusammenarbeit mit der Bürgerinitiative und den Gemeinden, zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen.

 

Ungeachtet der Gesundheitsproblematik finden wir, dass Kirchen sakrale Einrichtungen sind, die auf Gott verweisen und die nicht für Gewerbezwecke genutzt werden dürfen. Kirchtürme als Masten für Sendeanlagen zu nutzen heißt, ihre sakrale Bedeutung abzuwerten (so das Bistum Würzburg, Erzbistum München-Freising und Tübingen vom 28.08.98).

Ein generelles Verbot bezüglich der Unterbringung solcher Anlagen in deren Kirchtürmen haben erteilt die Bistümer der katholischen Kirchen Fulda, Köln, Mainz, Worms, Paderborn, Württemberg und Bayern.

 

Der Vortrag des Herrn Mehlis, die anschließende Diskussionsrunde sowie das Verhalten der katholischen Kirche in dieser Sache, haben die Bürgerinitiative nochmals in ihrem Vorhaben bestärkt, mit aller Macht gegen den Sender vorzugehen. Auch wenn es Gutachten gibt, die dieses Thema verharmlosen, so können Gesundheitsgefahren dennoch nicht ausgeschlossen werden. Dies darf nicht auf dem Rücken der hier lebenden Menschen ausgetragen werden. Die Gesundheit ist unser höchstes Gut, das mit Geld nicht aufzuwiegen ist.

 

Deshalb fordern wir die Kirche nochmals auf, sich im Sinne der großen Mehrzahl an Züscher und Neuhüttener Bürgerinnen und Bürgern zu entscheiden, und um jeden Preis von ihrem Vertrag zurückzutreten.

Eine sinnvolle Lösung im Einvernehmen mit den Gemeinden muss und wird auch sicher gefunden werden.

 

Wir bitten Sie inständig, sprechen Sie als vorgesetzte Behörde mit Herrn Pastor Reck.
Auch Sie stehen hier mit in der Verantwortung.

Nehmen Sie bitte, im Rahmen der christlichen Fürsorge und Nächstenliebe, die Sorgen und Nöte der Menschen in Züsch und Neuhütten ernst und helfen dem Pastor aus dem Vertrag herauszukommen. Ihre Rechtsabteilung kennt hierzu bestimmt die richtigen Mittel und Wege.

Die Bürgerinitiative "Sendemastfreies Züsch-Neuhütten“, getragen von der absoluten Mehrheit der Bürger und Bürgerinnen in Züsch und Neuhütten, wird in jedem Fall ihre Ziele und Argumentation mit aller Entschlossenheit verfolgen, auch unter Zuhilfenahme politischer Gremien sowie öffentlicher Medien.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Die Bürgerinitiative "Sendemastfreies Züsch – Neuhütten“

 

 

 

 

 

 

 

Vertreter:         Klaus Lorscheider                               Sieglinde Lorscheider

 

 

 

Anlage

1 Schreiben vom 16.01.02 an Herrn Pastor Reck

1 Broschüre „Informationen über Mobilfunkstrahlung“ der Bürgerinititative